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LR-Online -26.04.2013

Enkel bewahrt Vermächtnis seiner Oma

In Gedenkstätte KZ-Außenlager Schlieben-Berga trifft ein Paket aus Paris ein – mit 68 Jahre alter Häftlingskleidung

Schlieben-Berga Es braucht Zeit hinzuschauen und zuzuhören. Und es braucht Mut. Uwe Dannhauer und seine Frau Marita spüren das immer wieder, wenn Besucher in die Gedenkstätte kommen. "Seit ihrer Eröffnung vor genau zwei Jahren waren es etwa 700 Menschen. Wir hoffen, dass diese Zahl zum Tag der offenen Tür noch weiter wächst", sagt Marita Dannhauer. Das Ehepaar hat den "Verein Gedenkstätte KZ-Außenlager Schlieben-Berga" im Jahr 2009 mit ins Leben gerufen.

Das Paket aus Paris trifft Mitte dieser Woche in Schlieben ein. Rechtzeitig vor dem Tag der offenen Tür. "Jean-Louis hatte es versprochen. Auf ihn ist Verlass", bekundet Marita Dannhauer, als sie es öffnet. Sie weiß, was sich darin befindet und hebt den Inhalt schier übervorsichtig heraus. Kein Glas, kein Porzellan, nichts Zerbrechliches. Dennoch etwas überaus Kostbares: "Es ist die Häftlingskleidung, die Odette Laroque, Großmutter von Jean-Louis Ray trug, als sie aus dem KZ Ravensbrück mit etwa 1000 Zwangsarbeiterinnen am 19. Juli 1944 im Außenlager von Buchenwald Schlieben-Berga eintraf", erzählt Marita Dannhauer. Sie soll – symbolisch für alle insgesamt 5000 Häftlinge ehemaligen Häftlinge – helfen, die Erinnerung an die Opfer lebendig zu halten. In Schlieben-Berga produzierte der Leipziger Rüstungskonzern Hasag per Großauftrag von Hitler die berüchtigten Panzerfäuste. Zu den härtesten Arbeiten, auch zum Mischen der giftigen Substanzen, wurden die Häftlinge gezwungen. Hungrig, misshandelt, ohne Schutzkleidung, unter erbärmlichen Hygienebedingungen.

Häftling 15087
Marita Dannhauer streicht mit ihrer Hand über das beigefarbene baumwollne Kleid. Es ist ebenso wie die grau-blau gestreifte Jacke mit einem roten Winkel gekennzeichnet – dem Symbol für politische Gefangene. Beide Teile tragen ein und dieselbe Nummer: 15087. Sie gehörten Odette, der Widerstandskämpferin der Résistance. Die Französin hat sowohl Ravensbrück als auch Schlieben-Berga überlebt. Sie galt als Wortführerin der Mitgefangenen. 1984 verstarb sie in ihrer Heimat. Ihr Enkel Jean Louis, jetzt selbst 64 Jahre alt, kam durch Nachforschungen über das Leben seiner Großmutter nach Schlieben-Berga. Er war mit am Entstehen der Gedenkstätte beteiligt. Seitdem besteht zwischen den Dannhauers, ihren Mitstreitern und dem Enkel von Odette eine enge Freundschaft. Dennoch hat er lange gezögert, diese Kleidung dorthin zurückzuschicken, wo einst die "Hölle von Schlieben" war. Als solche lebt das frühere Geschehen in der Erinnerung der Opfer und ihrer Familien weiter.

Wer es von den Überlebenden schafft – körperlich als auch psychisch – noch einmal nach Schlieben-Berga zurückzukehren, der sieht, dass hier mittlerweile ein anderer Geist beheimatet ist. Zwar gelang es erst Ende der 90er-Jahre durch Engagement einiger Schliebener und Cottbuser Bürger sowie mithilfe im Ausland lebender ehemaliger Häftlinge und deren Nachkommen, die Gedenkstätte ins Leben zu rufen – seitdem hat sich jedoch viel bewegt.

Auch die Politik, die sich zuvor teils schwer getan hatte mit Unterstützung, sieht jetzt parteiübergreifend Handlungsbedarf: Sowohl SPD-Politiker, als auch Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke), und Carola Steinmetzer-Mann (MdL, Linke) haben sich dafür eingesetzt. Michael Stübgen (MdB, CDU) will morgen vor Ort sein.

Schwierige Unterhaltung
Mithilfe von Fördermitteln konnten im Vorjahr ein Wegeleitsystem hin zur Gedenkstätte installiert werden, eine Orientierungs- und Informationstafel direkt in Berga – und kürzlich erst notwendige Vitrinen und Sicherheitsbehältnisse für die Ausstellung. Uwe Dannhauer beschreibt, dass es dennoch schwierig ist, die riesige Fläche des ehemaligen Lager- und Fabrikgeländes in Ordnung zu halten.

Gedenkstätte KZT-Außenlager Schlieben-Berga
Schlichtes Baumwollkleid, gestreifte Jacke, beides mit rotem Winkel und Häftlingsnummer.
Foto: Gabi Zahn/gzn1

Sylvia Kunze

 
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