Berga
   
   
   KZ Schlieben-Berga
   Geschichte
   Augenzeugen
   Pressespiegel
   Verein
   Kontakt
   Fotos
Lausitzer Rundschau - 04.05.2011

„Und es geschah hier bei uns“

Schlieben-Berga Gisèle Probst und Ginette Clement aus Frankreich setzen am Samstag zum ersten Mal nach 66 Jahren wieder ihre Füße auf die Erde von Schlieben-Berga (Elbe-Elster). Der Ort war für sie als ehemals Inhaftierte des KZ-Außenlagers von Buchenwald Inbegriff von Menschenverachtung und Tod.

Jetzt kehren sie zurück, weil Menschen von hier dafür sorgen, dass an diesem Frühlingstag eine Gedenkstätte eingeweiht wird. Sie ist dem Schicksal der beiden hochbetagten französischen Frauen ebenso gewidmet wie dem von mehr als 3500 weiteren Häftlingen, die hier von Juli 1944 bis Kriegsende für die Nazi-Rüstungsindustrie unter unsäglichen Bedingungen Hasag-Panzerfäuste herstellen mussten – 1,5 Millionen Stück monatlich. Mehr als 200 Menschen fanden dabei den Tod.

Als Uwe Dannhauer, Vorsitzender des Vereins Gedenkstätte KZ-Außenlager Schlieben-Berga, die mehr als 150 Gäste begrüßt, sind es neben den Französinnen Jean-Louis Ray, Bernard Borredon, Ron Rosenblatt, Renka Szwarczmann und Uwe Schwarz, die er als Kinder Überlebender willkommen heißt. Norman Frajman aus den USA konnte wegen Krankheit nicht anreisen.

Dannhauer dankt Dr. Helmuth Markov, stellvertretender Ministerpräsident (Die Linke) Brandenburgs, dass er die Schirmherrschaft übernommen hat. Auch Landrat Christian Jaschinski (CDU), Landtagsabgeordnete und Kommunalpolitiker, Schliebener Einwohner und junge Leute sind unter den Gästen. Als Dannhauer das Wort an Gisèle Probst übergibt und die 89-Jährige vor das Mikrofon tritt, da scheint es, als würde sogar das Gezwitscher der Vögel in den blühenden Bäumen etwas leiser werden. „Vor so langer Zeit haben uns hier Kinder mit Steinen beschmissen und wir wurden verachtet. Aber es gab auch Menschen, die uns geholfen haben. Jetzt sehe ich, dass heute auch einige junge Leute hier sind. Das tut gut.“ Als sie von der Lagerzeit erzählt, zittert ihre Stimme, und ihre Hand sucht die von Jean-Louis Ray, der ihre Worte dolmetscht. Es sei nicht leicht gewesen, diese Reise nach Schlieben-Berga anzutreten, doch jetzt wäre sie froh, hier zu sein, zu sehen, dass die Erinnerung an das Erlebte als Mahnung in guten Händen liegt. Kaum einer der Anwesenden kann sich gegen die Emotionen wehren, die diese Worte auslösen. Auch Dr. Markov nicht, als er ihr und Ginette Clement seinen Respekt dafür erweist, nach Schlieben-Berga zurückgekommen zu sein. Außerdem sagt er: „Es ist hoch zu würdigen, dass nach dieser langen Zeit so eine Gedenkstätte entsteht, und es wird notwendig, diese zu fördern.“ Damit spricht er ein Thema an, das dem Verein, der seine Arbeit bisher vorwiegend aus Spenden und privaten Mitteln finanzierte, große Sorgen bereitet. Auch der Landrat und Dieter Jagode vom Kulturamt sehen die Brisanz, geben aber zu verstehen, dass der Landkreis das finanziell nicht stemmen könne, aber das Projekt auf andere Weise unterstützen werde.

Als Uwe Dannhauer und die Ehrengäste das Band vor der Gedenkstätte durchschneiden, wird der Weg frei für jeden Interessierten, der sich über dieses dunkle Kapitel der Region informieren möchte. Am ersten Tag sind es viele, die nachdenklich die Tafeln und Bilder betrachten und sagen: „Und das geschah hier bei uns.“

Gabi Zahn

Eröffnung Gedenkstätte Schlieben-Berga
Mehrmals bekundet Dr. Helmuth Markov (l.) seinen Respekt gegenüber Gisèle Probst (2.v.l.) und Ginette Clement (r.), die beide hochbetagt erstmals an den Ort zurückkehrten, an dem sie unsägliches Leid erlebten. Auch für Jean-Louis Rey (2.v.r.), dessen Großmutter Berga überlebte, ist die Einweihung der Gedenkstätte ein Tag gegen das Vergessen. Foto: Gabi Zahn
Eröffnung Gedenkstätte Schlieben-Berga
Umfangreiches Informationsmaterial haben Uwe Dannhauer und seine Mitstreiter zusammengetragen. Damit wird erstmals der gnadenlose Einsatz der Häftlinge für die Rüstungsindustrie in Schlieben-Berga für die Öffentlichkeit dokumentiert. Foto: Gabi Zahn
 
    Impressum