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Lausitzer Rundschau - 28.08.2010

Beschwerlicher Weg zum Info-Zentrum für KZ-Gedenkstätte in Schlieben-Berga

Schlieben Das Backsteingebäude mit seiner stellenweise blau-grünen Färbung mutet seltsam kalt an. Es scheint, als hätte ihm seine Geschichte diesen düsteren Anstrich verpasst. Und der soll, nach den Worten von Uwe Dannhauer, Vorsitzender des Vereins KZ Gedenkstätte Schlieben-Berga, trotz Sanierung auch unverändert bleiben und erinnern helfen.

Gebaut in den Jahren 1938/39 diente das etwa 200 Quadratmeter große Barackengebäude zunächst der damals drittgrößten Rüstungsfirma Deutschlands, der Hasag, als Bürohaus, von wo aus der Aufbau des Testgeländes und der Panzerfaust-Munitionsfabrik geleitet wurde. Ein paar Jahre später – Berga wurde Außenlager des KZ Buchenwald – hieß man in diesem Gebäude vor allem SS-Offiziere und Rüstungsindustrielle willkommen.

Nachdem das Haus jahrelang verwaist war – nach 1945 wurde es zunächst als Wohnraum für Vertriebene aus Polen genutzt – bekam es der Verein vor wenigen Monaten von der Stadt übertragen.

Schauriger Arbeitsort

Seit etwa einem Monat sind drei über die AFG und das Arbeitsamt geförderte Beschäftigte dabei, das Gemäuer für eine neue Nutzung vorzubereiten. Für Uwe Mätzke, Michael Meißner und Thomas Wollmann ist das ein sehr ungewöhnlicher Arbeitsort. „Hin und wieder geht einem durch den Kopf, welche Leute früher hier ein- und ausgingen. Da läuft mir ein Schauer über die Haut“, sagt Uwe Mätzke leise. Die anderen stimmen ihm zu.

„Wir möchten hier ein Ausstellungs- und Informationszentrum zu Schlieben-Berga einrichten“, erläutert Uwe Dannhauer. Die Räume sind im Zuschnitt noch im Original erhalten. Selbst Fußboden, Kachelofen und Wandputz bedürfen keiner umfassenden Sanierung. Alles wird so bearbeitet, dass die Räume aussehen wie damals. Alle bisher gesammelten Dokumente und Anschauungsstücke – ein Großteil stammt aus privaten Forschungsarbeiten der Vereinsmitglieder – sollen künftig nach vier Zeitetappen geordnet in je einem Raum zu sehen sein. Dabei handelt es sich um Zeugnisse aus den Jahren 1938 bis 1944 als Hasag-Munitionsfabrik, über die Zeit von Juli 1944 bis Mai 1945 als KZ-Außenlager von Buchenwald, über die Jahre der militärischen Nutzung durch die NVA sowie Unterlagen zur Entwicklung von Berga als Forschungszentrum und als Letztes die Zeit des Bundeswehrstandortes nach 1990.

Noch keine Landesförderung

Das größte Problem: Dem Verein stehen kaum Gelder zur Verfügung. Als ein Antrag auf Förderung von der Landesregierung wider Erwarten zurückgewiesen wurde, glich das einer Ohrfeige in die Gesichter der Vereinsmitglieder. Schließlich zählt auch die Säuberung der zwölf Munitionsbunker und deren Eingänge zur selbst gestellten Aufgabe des Vereins. Die Wege zu den Überresten der ehemaligen Fabrik, zur Pulverabfüllanlage und zum Frauenlager sollen in einen solchen Zustand versetzt werden, dass sie für alle Interessierten, auch für Gehbehinderte, gut passierbar sind. „Berga hat unter den früheren KZ-Lagern, das von etwa 5000 Inhaftierten und Zwangsarbeitern durchlaufen wurde, noch den größten Originalbestand von Bauten aufzuweisen“, berichtet Uwe Dannhauer. Die Bauwerke als Zeugnisse zu erhalten – in Achtung vor den mindestens 217 Häftlingen, die dort und infolge der Arbeit mit den giftigen Chemikalien ihr Leben verloren, und der vielen anderen, deren Gesundheit fortan stark beeinträchtigt war – dieses Ansinnen will keiner im Verein aufgeben.

„Werden nicht aufgeben“

Lediglich Spenden, die nach Führungen zusammenkommen, eine Zuwendung der Sparkassenstiftung „Zukunft Elbe-Elster“ und Spenden von Bürgern und Unternehmen aus Schlieben, stehen zur Verfügung, um notwendige Farbe und Baumaterialien zu kaufen „Wir werden nicht aufgeben, benötigen aber auch Einrichtungsgegenstände wie Stühle und Tische, möglichst viele von derselben Art, einen Computerarbeitsplatz und anderes mehr“, erläutert Stefan Hasch, mit 23 Jahren jüngstes Mitglied im Verein. Er, Uwe Dannhauer und seine Tochter Stefanie, Uwe Schwarz aus Cottbus sowie Jean-Louis Rey aus Paris – die Väter der beiden Männer waren in Berga inhaftiert – hoffen mit den anderen 13 Vereinsmitgliedern, dass das Informationszentrum im Frühjahr 2011 eröffnet werden kann.

Die nächste Führung ist für den Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 12. September, 10 Uhr, geplant. Treffpunkt ist in Berga, Straße der Arbeit 3. Davon unabhängig können Termine jederzeit unter der Telefonnummer 035361 80426 oder 0152 03823925 bei Uwe Dannhauer vereinbart werden.

Noch vor zwei Jahren hätten viele Menschen in Schlieben dem Ansinnen, die Geschichte des Geländes des ehemaligen Hasag-Rüstungskonzerns und des KZ-Außenlagers Schlieben-Berga aufzuarbeiten, kaum Ernsthaftigkeit unterstellt. Uwe Dannhauer wohnt in Schlieben-Berga. Sein Interesse an den Dingen, über die kaum jemand in der Stadt reden wollte, war lange geweckt, bevor er an die Öffentlichkeit ging. Durch private Forschungen lernte er Menschen wie den Cottbuser Uwe Schwarz und andere Interessierte kennen, die als Kinder von Überlebenden gegen das Vergessen agieren wollen. Mittlerweile gehört der Verein mit zum Netzwerk derer, die sich bundesweit um die Aufarbeitung von KZ-Geschichte verdient machen. Weitere ehemalige Häftlinge bzw. deren Nachfahren wurden weltweit aufgespürt, und endlich, seit dem ersten Forum mit internationaler Beteiligung im Frühjahr 2009 zur Aufarbeitung der Geschichte des drittgrößten der 138 Außenlager des KZ Buchenwald und nachdem Teile des Bergaer Gebietes unter Denkmalschutz gestellt wurden, blicken auch Kommunalpolitiker und Vertreter des Landkreises aufmerksam auf diese Aktivitäten und zollen Anerkennung. Diese ist wichtig. Doch allein davon können keine Wege und Bunkereingänge saniert, kein Informationszentrum hergerichtet werden. Unverständlich und politisch brisant ist deshalb die Abfuhr des Kultusministeriums, die es durch die Ablehnung des Fördermittelantrages gab. Wer den Verein unterstützen möchte, sollte sich mit Uwe Dannhauer, Telefon 0152 03823925, in Verbindung setzen.

Gabi Zahn


Uwe Dannhauer und seine Mitstreiter wollen im ehemaligen SS-Empfangsgebäude ein Ausstellungs- und Informationszentrum zur Geschichte von Schlieben-Berga einrichten. Foto: Gabi Zahn
 
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